FilmForum 2016-02 "Kino der 'Angst in der Post-Moderne'"

Die Angst kommt daher, dass alles offen ist, aber nichts ohne Bedeutung. Man glaubt, in jedem Moment mit seinem ganzen Leben zur Disposition zu stehen. So definiert der Soziologe Heinz Bude die neue „Angst in der Gesellschaft“. Angststress sei Sinnstress, von dem einen kein Staat und keine Gesellschaft erlösen können. Eine soziale Existenz werde prekär, wenn standardisierte Erwartungen auf nicht standardisierte Wirklichkeiten treffen. Es sei  nicht die objektive Lage, die die einzelne Person belaste und kaputt mache, sondern das Empfinden, im Vergleich mit signifikanten Anderen den Kürzeren zu ziehen.
Die sogenannte Privatsphäre bildet bei all dem keinen Schutzraum mehr. Zwar sind wir aus dem Dunstkreis totaler (E. Goffman) oder gieriger (L. Coser) Institutionen, wie Klöstern, Schulen, Parteien, Sekten und Religionsgemeinschaften entkommen, doch stellt man fest, dass der Partner immer der Andere bleibt, in dem ein Fremder steckt, vor dessen trüben Gedanken, geheimen Wünschen und bizarren Phantasien man immer auf der Hut sein muss. Bindung wird zum knappen Gut, unkündbar allenfalls Eltern-Kind-Beziehungen und solche zwischen Geschwistern.
Der Gedanke, dass Leistung Erfolg garantiere, ist eine Fiktion. So betritt man ein Steigerungsspiel, um zu denen zu gehören, die im Rampenlicht stehen, die bewundert werden. Oder soll man sich zu den Aussortierten und den Geschlagenen rechnen, die mit dem Vorlieb nehmen müssen, was übrig bleibt? Die Ausbreitung „postkompetitiver Verbitterungsstörungen“ erzeugt gedemütigte Verlierer. Runtergeschluckte Rachemotive äußern sich in Antriebsblockaden, Rückzugstendenzen und in einer Haltung des Beleidigtseins vom Leben überhaupt. Das gilt nicht nur für frustrierte Migrationsverlierer oder deren Verächter im fremdenfeindlichen Kleinbürger-Biotop, sondern auch für die Töchter und Söhne der Aufsteigergeneration nach 1968. Statuspanik ist in der bürgerlichen Mitte angekommen. Mit Neid und Ekel beobachtet man die Spiele der Künstler der Finanzialisierungsepoche, die, nach glänzenden Erfolgen, über eine immense Absturzhöhe verfügen.
Unsere Filmreihe knüpft an solche Überlegungen von Heinz Bude an, soll aber, in unseren üblichen Diskussionen, den künstlerischen Mehrwert der Filme im Abgleich mit der eigenen Biographie konturieren helfen.
 
Vorführung mit Einladung zur Diskussion
 
Leitung: Martin Röttger und Dr. Rudolf Tschirbs, Bochum
 
Der Eintritt ist frei

Zukünftige Veranstaltungen

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    Bisherige Veranstaltungen

    • FilmForum 2016-02 - Kino "der Angst in der Post-Moderne"
      Der große Crash- Margin Call

      Regie: J. C. Chandor; USA 2011; 109 Minuten
      Mit Kevin Spacey, Paul Bettany, Jeremy Irons, Zachary Quinto, Demi Moore, Stanley Tucci, Mary McDonnell
    • FilmForum 2016-02 - Kino "der Angst in der Post-Moderne"
      "Kriegerin"

      Regie. David Wendt; Deutschland 2011; 103 Minuten
      Mit Alina Levshin, Jella Haase, Sayed Ahmad Wasil Mrowat
    • FilmForum 2016-02 - Kino "der Angst in der Post-Moderne"
      "Zeit der Kannibalen"

      Regie: Johannes Naber; Deutschland 2014; 93 Minuten
      Mit Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Katharina Schüttler
    • FilmForum 2016-02 Kino "der Angst in der Post-Moderne"
      "Über uns das All"

      Regie: Jan Schomburg; Deutschland 2011; 88 Minuten
      Mit Sandra Hüller, Georg Friedrich, Felix Knopp

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