Mi, 16. Februar 2022, 19:00 Uhr

Melanchthon-Villa, Königsallee 48, 44778 Bochum

Dr. Rudolf Tschirbs und Martin Röttger

FilmForum: Mütter und Söhne
Einführung, Film und Gespräch

Coronaregeln: 2G+, Maske am Platz
 
Einführung in die Reihe:
Die Weltliteratur ist bevölkert von Mutter-Sohn-Beziehungen. Oft haftet ihnen etwas Kränkelndes an: Erziehungsmisserfolge, Entfremdungen. Eva mit Kain und Abel, Rebekka mit Jakob, Maria und Jesus, Iokaste und Ödipus, Klytemnästra und Orest, Herzeloyde mit Parzival. Im „Grünen Heinrich“ Gottfried Kellers schlug sich, literarisch gültig, eine weitere starke Mutter-Sohn-Bindung nieder.
Dagegen ist von Hegel der Satz überliefert: „Die Mutter ist der Genius des Kindes“. Explizit stellte das Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ dar, Beethoven erinnerte sich einer warmen Mutter-Bindung. Die Sozialgeschichte gestattete sich ein humanwissenschaftliches Experiment: Anlässlich der größten europäischen Arbeitskatastrophe im März 1906 im nordfranzösischen Courriéres, bei dem 1.100 Bergleute zu Tode kamen, untersuchte ein Schweizer Psychiater das Trauerverhalten der zurückgebliebenen Ehefrauen und Mütter. Die Ehemänner waren nach Wochen vergessen, die Söhne wurden lebenslang beweint.
Grundsätzlich aber gilt: Weder in der Literatur- noch in der Filmgeschichte ist die Mutter-Sohn-Beziehung allzu häufig das Hauptstück, eignet sie sich doch allenfalls als Vorgeschichte des erwachsenen Helden-Epos. Es ist aber nicht zufällig, dass sich im Künstler-Drama der Heros der Mutter erinnert, von der gerade die musischen Impulse ausgehen mochten. Und wie soll die Rolle des erwachsenen Sohnes definiert werden, im lebensgeschichtlichen Versuchsraum, in dem die Ehe der Eltern zerbricht? Welche Last will da getragen sein, wenn das schon längst vom Ehegatten auf das heranwachsende Kind projizierte Liebes- und Zärtlichkeitsbestreben sich als Fessel erweist, den Sohn in ein schier auswegloses Dilemma treibt, in einem Kampf, dessen Ziel allein das Rechtbehalten scheint?
 
Erster Film:
Leid ... (... y gloria)
Regie: Pedro Almodovar
Spanien 2019, 114 min.
Mit: Penelope Cruz/Julieta Serrano, Antonio Banderas, Asier Etxeandia, Leonardo Sbaraglia
Musik: Alberto Iglesias
 
In dem Spätwerk des Exzentrikers Almodovar gehen zwei Erzählebenen kontinuierlich ineinander über. Die von der Mutter behütete Kindheit des Regisseurs Salvador Mallo mit ihren künstlerischen, auch homoerotischen Erweckungserlebnissen wechselt in die Altersperiode über, die von einem auch selbstironisch ausgespielten Gebrechen durchwirkt ist. Die Gestalten einer früheren Lebensphase brechen in dieses Leben ein und stellen die Frage nach der Beständigkeit des künstlerischen Genius.
Kosten
Der Eintritt ist frei.
Termine16.02.2022 19:00 - 21:45 Uhr