Do, 1. Dezember 2022, 18:30 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c, 44787 Bochum

Prof. Dr. Andreas Hartmann

VERSCHOBEN AUF 15. FEBRUAR; 18.30 UHR: Erinnerung und Wirklichkeit
Vortrag und Diskussion

Erinnerungskultur hat Konjunktur. Die vielfältig dokumentierten Berichte von Zeitzeugen gehören längst zum festen Bestand unserer Geschichtsbilder und stellen diese in einen subjektiven und kommunikativ vermittelten Erfahrungshorizont. Wo die Vergangenheit in weiterer Ferne liegt und nur noch wenige oder gar keine Zeitzeugen mehr da sind, ist das kollektive Erinnern zunehmend an Medien und Institutionen wie Museen, Gedenkstätten oder Erinnerungsfeiern gebunden. Beides, persönliche wie institutionell eingefasste Erinnerung gibt Auskunft über historisches Geschehen und stattet diese Auskunft zumeist mit einem hohen Maß an Wahrhaftigkeit und Authentizität aus. Nicht selten dienen solche Erinnerungsnarrative der kollektiven Vergewisserung gesellschaftlicher Werte.
 
Doch wie ist es eigentlich um das Verhältnis zwischen der Erinnerung und der erinnerten Wirklichkeit bestellt, was macht sie mit ihr? Ohne Zweifel, sie ruft Vergangenheit ins Gedächtnis zurück, doch dabei bearbeitet und modelliert sie zugleich Vergangenheit, bisweilen auch instrumentalisiert sie Vergangenheit für aktuelle Zwecke, stellt Vergangenheit still oder schreibt sie fest. Diese Fragen sind brisant, und sie führen oft zur Kontroverse. Aus kulturanthropologischer Perspektive wird der Vortrag hierzu eine Sichtung vornehmen.
Andreas Hartmann, geboren, aufgewachsen und Studium in Freiburg, beschäftigte sich zunächst mit Biologie und Mathematik, dann mit Musikwissenschaft, Ethnologie und Volkskunde. Er promovierte 1984 in Volkskunde mit seiner Dissertation über das Thema "Freiburg 1900. Zum städtischen Selbstbewusstsein der Jahrhundertwende." 1986-1992 war er Hochschulassistent am Seminar für Volkskunde in Göttingen mit Arbeiten zur Mentalitäts- und Wissenschaftsgeschichte. Die Ergebnisse seiner Feldforschung an der deutsch-deutschen Grenze veröffentlichte er in dem Buch "Grenzgeschichten. Berichte aus dem deutschen Niemandsland" (S.Fischer 1990, gemeinsam mit Sabine Künsting). 1997 habilitierte er in Marburg mit einer Studie zur Beziehung der Gedächtnisforschung zu den Kulturwissenschaften von 1870 bis 1930. Ab 1998-2018 Professor für Volkskunde in Münster. Er arbeitete zum Natur-Kultur-Verhältnis, zu kosmologischen Orientierungen des Alltagsbewusstseins, zur Nahrungsethnologie und unternahm ausgedehnte Feldforschungen in Issan (NO-Thailand) zu Ritualen, Seidenweberei, Ursprungsmythen, Ahnen- und Geisterglauben.
Kosten5,- €, erm. 3.00 €
Studierende und Empfänger von Hartz 4 haben freien Eintritt.
Termine01.12.2022 18:30 - 20:00 Uhr