Mi, 3. November 2021, 19:00 Uhr

Melanchthonkirche, Kleiner Melanchthonsaal, Königsallee 48, 44778 Bochum ,

Dr. Rudolf Tschirbs

FilmForum: Die Rückkehr des Liebesfilms
Luca Guadagnino, Call me by your name, I 2017

Einführung in die Filmreihe
Was ist ein Liebesfilm? Eher ein Melodram oder eine Liebeskomödie? Ein tieferes Maß von Liebesintensität traut man wohl dem Melodram zu, als sei Liebe ein zu schweres Thema, um, nach Irrungen und Wirrungen, womöglich ein heiteres, die Zuschauer beseligendes Schlusskapitel zu finden.
Erinnern wir uns an Clint Eastwoods „Brücken am Fluss“ (1995), an Anthony Minghellas „Der englische Patient“ (1996), an James Camerons „Titanic“ (1997), an Wong Kar-wais „In the Mood for Love“ (2000): Ist das so lange her, dass uns Filme derartig bewegt haben, ja eigene Lebenserinnerungen mit filmischen Sequenzen zu verschmelzen schienen? Und doch: In privaten Diskussionen, gerade unter jüngeren Menschen, war oftmals auch Abwehr zu konstatieren: Ein Zuviel an Schwermut, an Melancholie, an bloßer Traurigkeit – das gab sich gerne als Kunstkritik aus.
Aus der Kinolandschaft der Jahrtausendwende ragt ein Solitär heraus: Ang Lees „Brokeback Mountain“ (2005) mit zwei Cowboys, die sich – heimlich – lieben. Das wird in einem Erzählerrückblick ausgebreitet, ein elegischer Grundton des Films nach der Erzählung von Annie Proulx überwiegt. Es waren große Schauspieler (Heath Ledger, Jake Gyllenhaal) und Schauspielerinnen (Michelle Williams und Anne Hathaway), die die Charaktere verkörperten. Matthias Bauer schrieb über diesen Film, die menschliche Rührung, die ein Melodram auslöse, sei kein Selbstzweck: „Vielmehr ist das Sentimentale, insofern es sich vom Gefühlskitsch unterscheidet, ein ethischer Wert.“ Grundsätzlich aber gilt für den Film über gleichgeschlechtliche Liebe, dass das Liebesbegehren der Protagonisten die Krise der Familienordnung heraufbeschwört (Thomas Koebner).
 
 
Regie: Luca Guardagnino
Italien/Frankreich/USA/Brasilien 2017, 133 min.
Mit Armi Hammer, Timothée Chalamet, Michael Stuhlbarg, Amira Casar
Der 17jährige Sohn Elio einer jüdisch-amerikanischen Intellektuellenfamilie erprobt die Adoleszenz im elterlichen Landsitz bei Crema. Der amerikanische Doktorand Oliver ist Gast beim Archäologen-Vater. Bei Ausflügen kommen sich die beiden jungen Männer näher. Elio vernachlässigt Marcia. Am Ende des Sommers wird Oliver zurück in die USA reisen. Dort wird er bald seine Verlobte heiraten.
Ein nahezu heiterer Film, der der gleichgeschlechtlichen Liebe die Schwere einer Determination nimmt.
 
Nach dem Film, Einladung zum vertiefenden Gespräch.
Kosten
Der Eintritt ist frei.
Termine03.11.2021 19:00 - 21:45 Uhr