Mi, 6. Oktober 2021, 19:00 Uhr

Melanchthonkirche, Kleiner Melanchthonsaal, Königsallee 48, 44778 Bochum ,

Dr. Rudolf Tschirbs

FilmForum: Die Rückkehr des Liebesfilms
Céline Sciamma, Porträt einer jungen Frau in Flammen, F 2019

Einführung in die Filmreihe
Was ist ein Liebesfilm? Eher ein Melodram oder eine Liebeskomödie? Ein tieferes Maß von Liebesintensität traut man wohl dem Melodram zu, als sei Liebe ein zu schweres Thema, um, nach Irrungen und Wirrungen, womöglich ein heiteres, die Zuschauer beseligendes Schlusskapitel zu finden.
Erinnern wir uns an Clint Eastwoods „Brücken am Fluss“ (1995), an Anthony Minghellas „Der englische Patient“ (1996), an James Camerons „Titanic“ (1997), an Wong Kar-wais „In the Mood for Love“ (2000): Ist das so lange her, dass uns Filme derartig bewegt haben, ja eigene Lebenserinnerungen mit filmischen Sequenzen zu verschmelzen schienen? Und doch: In privaten Diskussionen, gerade unter jüngeren Menschen, war oftmals auch Abwehr zu konstatieren: Ein Zuviel an Schwermut, an Melancholie, an bloßer Traurigkeit – das gab sich gerne als Kunstkritik aus.
Aus der Kinolandschaft der Jahrtausendwende ragt ein Solitär heraus: Ang Lees „Brokeback Mountain“ (2005) mit zwei Cowboys, die sich – heimlich – lieben. Das wird in einem Erzählerrückblick ausgebreitet, ein elegischer Grundton des Films nach der Erzählung von Annie Proulx überwiegt. Es waren große Schauspieler (Heath Ledger, Jake Gyllenhaal) und Schauspielerinnen (Michelle Williams und Anne Hathaway), die die Charaktere verkörperten. Matthias Bauer schrieb über diesen Film, die menschliche Rührung, die ein Melodram auslöse, sei kein Selbstzweck: „Vielmehr ist das Sentimentale, insofern es sich vom Gefühlskitsch unterscheidet, ein ethischer Wert.“ Grundsätzlich aber gilt für den Film über gleichgeschlechtliche Liebe, dass das Liebesbegehren der Protagonisten die Krise der Familienordnung heraufbeschwört (Thomas Koebner).
 
Céline Sciamma, Porträt einer jungen Frau in Flammen, F 2019, 122 Minuten
Mit Noémie Merlant, Adéle Haenel, Lucina Bajrami, Valeria Golina
Frankreich 1779. Die junge Malerin Marianne soll ein Porträt der Tochter Heloise einer bretonischen Gräfin anfertigen. Auf der einsamen Insel entspinnt sich eine Intrige um ein Bild, das die Porträtierte nicht zulassen will. Es soll das Heiratsangebot der Mutter an einen Mailänder Aristokraten sei.
Vor der Kulisse der einheimischen Frauen entfaltet sich ein zärtlicher Zweikampf um das wahre Bild. Es geht hintergründig um okzidentale Kulturtechniken, die die Liebe in Malerei, Musik, Literatur und Mythos widerspiegeln und erst dadurch ein Reich der Freiheit eröffnen.
 
Nach dem Film, Einladung zum vertiefenden Gespräch.
Kosten
Der Eintritt ist frei.
Termine06.10.2021 19:00 - 21:45 Uhr