So, 23. Februar 2020, 12:30 Uhr

Gemeindehaus Pauluskirche, Pariser Straße 4-6, 44787 Bochum ,

Dr. Manfred Osten, Bad Godesberg und artENSEMBLE THEATER: Jürgen Larys, Susanne Hocke, Nazli Reichardt

ÄNDERUNG
Das Goethe-Symposium wird auf Sonntag konzentriert
NEU: Vortrag: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen | Szenische Lesung: West-östlicher Divan
Goethes “West-östlicher Divan” als Gegenentwurf zum "Kampf der Kulturen"

12.30 Uhr
VORTRAG zur Einführung
 
Dr. Manfred Osten und Jürgen Larys
Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen
Goethes "West-östlicher Divan" als Gegenentwurf zum "Kampf der Kulturen"
 
Spätestens seit dem 11.11.2001 scheint sich der Gegensatz zwischen der "westlichen" und der "islamischen" Welt zu verschärfen. Auf beiden Seiten kommt es zu Dämonisierungen des vermeintlichen Gegners. Die Wertungen auf der radikal islamistischen Seite bringt eine nigerianische Terrorbewegung schon in ihrer Namensgebebung auf den Punkt: "Boko Haram" - die westliche Lebensart ist verboten! Umgekehrt werden immer wieder Stimmen laut, die die sogenannte "islamische Welt", die ja höchst heterogen ist, als prinzipiell demokratiefeindlich, ja demokratiebedrohend empfinden und auch hierzulande die Frage stellen, ob der Islam und unsere Verfassung kompatibel sind.
 
Negative Vorurteile gegen den Islam haben dabei in der westlichen Kultur Tradition.
Schon Goethe tat sich schwer mit dem Auftrag des Weimarer Herzogs, Voltaires "Mahomet" ins Deutsche zu übertragen, zeichnete dieser den Propheten doch als Scharlatan. Goethe hingegen hatte ein sehr viel offeneres Verständnis des Islam und fand gerade im mystischen, höchst unorthodoxen persischen Dichter Hafis einen "Zwillingsbruder" im Geist, der ihn zu seinem "West-östlichen Divan" inspirierte.
 
Goethe hat sich zeitlebens mit den Schriftreligionen und darin besonders mit dem Islam und auch mit der arabischen und persischen Dichtung beschäftigt. All dies fließt ein in seinen "Divan" und auch in die reichen "Noten und Abhandlungen", die er diesem voranschickt. Darin bekommen wir einen Eindruck von dem kulturellen Reichtum, der uns in der orientalischen Welt erwartet. Goethes "Divan" gipfelt in dem Satz: "Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen."
Ein Satz, den wir zum Leitbild eines Dialoges der Kulturen werden lassen könnten, ohne Spannungen, Unterschiede und Konflikte voreilig zu beschönigen.
 
In ihrem gemeinsamen einführenden Vortrag und Gespräch erläutern Dr. Manfred Osten und Jürgen Larys Hintergrund und Entstehung des "Divan" ebenso wie den Bezug zu Hafis sowie die Frage, wie ernst es Goethe war mit seiner Bemerkung, er lehne es nicht ab, als Muselmann bezeichnet zu werden. Eine spannende Hinführung zur anschließenden Aufführung des artENSEMBLE THEATERs, die einen Bogen schlägt über 200 Jahre gemeinsamer Kulturgeschichte.
 
14.00 - 15.00 Uhr
Internationales Mittagessen
 
15.00 - 16.15 Uhr
SZENISCHE LESUNG
 
artENSEMBLE THEATER
West-östlicher Divan
 
Von und mit: Susanne Hocke, Jürgen Larys und Nazli Reichardt
Mitarbeit: Mevlüt Asar.
 
Deutsch und Türkisch!
 
 
Goethes "Divan" ist das Produkt zweier außergewöhnlicher Begebenheiten.
Zum einen liest Goethe 1814 die erste vollständige deutsche Übersetzung der Gedichte des mystischen persischen Dichters Hafis, die ihn herausfordert, produktiv zu reagieren. Zum anderen verliebt er sich in eine über 30 Jahre jüngere Frau, Marianne von Willemer, die wie er selbst verheiratet ist. Mit ihrem Ehemann steht er zudem in freundschaftlichen Beziehungen. Aus dieser Dreiecksgeschichte entstehen wunderschöne Gedichte, in denen neben Goethe selbst auch Marianne von Willemer als Autorin auftritt. Die Szenische Lesung des artENSEMBLE THEATERs transportiert diese Geschichte assoziativ in unsere Gegenwart. Indem sie Texte des Hafis und des zeitgenössischen Dichters Mevlüt Asar mit hinzunimmt, wird aus Goethes umfangreichsten lyrischen Werk die Liebesgeschichte eines heutigen türkischen Einwanderers mit einer verheirateten deutschen Frau. Ergänzt werden diese Texte durch Auszüge aus Interviews von Mitgliedern der Evangelischen Kirchengemeinde Lünen und der Ulu Moschee Lünen über zentrale Glaubens- und Lebensfragen.
 
"Die brillante Inszenierung rückt eine amouröse Dreiecksgeschichte in die Gegenwart, mit Liebesglut, Sehnsucht und Trennungsschmerz. In der märchenhaften Szenerie formen sich mystische Gedanken und Gefühle. Goethes und Hafis' Botschaften: Jeder Ort ist ein Ort der Liebe, ob Moschee oder Tempel. Ob Muslime oder Christen: Es sind alles Gottes Kinder. " (Ruhr Nachrichten Lünen)
 
Am 01. März 2020 wird Susanne Hocke und Jürgen Larys der Kulturpreis 2019 der Stadt Lünen verleihen.
 
Dr. Manfred Osten ist Jurist, Philosoph, Musik- und Literaturwissenschaftler. 1969 promovierte er "Über den Naturbegriff in den Frühschriften Schellings". Im selben Jahr Eintritt in den Auswärtigen Dienst mit diplomatischen Missionen in Frankreich, Kamerun, Tschad, Ungarn, Australien und Japan. 1993 wurde er Leiter des Osteuropa-Referats im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Von 1995 - 2004 Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung. U.a. Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur sowie der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Mehrfache Puplikationen zu Goethe, zuletzt 2017 mit “Gedenke zu leben. Wage es, glücklich zu sein!” zu Goethes Philosophie des Glücks. Mit Alexander Kluge führte er zahlreiche Fernsehgespräche zu Themen der Philosophie, Musik, Literatur und Geschichte.
 
Susanne Hocke ist Schauspielerin, Regisseurin und Theaterpädagogin.
Ihre Ausbildung absolvierte sie an der Theater-Akademie-Stuttgart. Es folgten freie Produktionen in Stuttgart und Esslingen und ein Engagement in München.
Seit 2008 lebt sie in Bochum, wo sie gemeinsam mit Jürgen Larys das artENSEMBLE THEATER leitet, mit dem sie im gesamten deutschsprachigen Raum auf Tour geht. Zudem war sie lange MUS-E Künstlerin der Yehudi Menuhin Stiftung Deutschland. Sie arbeitet regelmäßig mit Kindertheatern zusammen. Theaterpädagogische Projekte und Seminare für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ergänzen ihre vielseitige Tätigkeit. Seit 2018 leitet sie das Festival „Junges Theater Lünen“ (JTL).
 
Jürgen Larys Schauspieler, Sänger, Regisseur, Autor, Komponist, Dozent für Schauspiel und Stimme. Vorher Studium der Evangelischen Theologie und der Religionswissenschaften an der Uni Dortmund; langjähriger Vorsitzender der Christlich-Islamischen Gesellschaft. Intensive Begegnunng mit dem Islam im Rahmen der Recherchen zum interkulturellen Stück „Calibans Nachtmahr“. Stationen: Westfälische Schauspielschule Bochum 1985-88. sieben Jahre deutsche Stadttheater, zwei Jahre New-York-Aufenthalt. Studium des method-acting und der Schauspielmethode nach Michael Tschechow. Lehrer für Körper, Atem, Stimme „natural voice“. Seit 1998 freischaffend. Gründung des „artENSEMBLE THEATERs“ in Berlin, Stuttgart, jetzt Bochum. Initiierte und begleitete mit dem artENSEMBLE THEATER wissenschaftliche Symposien zu Kleist, Büchner, Goethe.
 
Nazli Reichardt, geb. am 25.07.1970 in Varto/Mus (Türkei), aufgewachsen ab 1971 in München, verheiratet mit Ulf Reichardt, zwei Kinder, 18 und 15 Jahre, lebt in Ratingen, Nationalität: Deutsch.
Ausbildung im “Off-Theater” in Neuss und in der Montessori-Pädagogik. Seit 2010 ist sie als selbstständige Theaterpädagogin und Schauspielerin tätig. Tanz, Musik (Cello), Improtheater, Meisner-Technik, Tschechow-Technik, Pantomime, Stimm-und Sprechtechnik.
Nazli Reichardt leitete eine Vielzahl von Theaterprojekten vor allem mit Motivation junger Menschen.
 
Kosten
Vortrag u. Szenische Lesung, inkl. Mittagessen: 17.00 €, erm. 11,00 €.
nur Vortrag: 5 €, ermäßigt 3 €; nur Szenische Lesung 10 €, erm. 8 €.
Termine23.02.2020 12:30 - 16:15 Uhr
Anmeldung: Evangelische Stadtakademie Bochum, Susanne Harkort, 0234 - 962904-661 oder bevorzugt per MAIL.

Es existieren Dateien zu dieser Veranstaltung in der Mediathek.