Evangelische Stadtakademie Bochum

Zur Zeit erlebt die Menschheit zugleich drei schwere Bedrohungen: In der Finanzkrise droht das globale Marktsystem zu scheitern. In der Naturkrise erleben wir ein von diversen Kipppunkten erschüttertes Erdklima, einen dramatischen Todeskampf der Arten und eine zunehmende Verarmung der erlebbaren Landschaft. Die dritte Herausforderung ist die Krise an Sinn: Die Lebenszufriedenheit in den westlichen Gesellschaften ist seit Jahrzehnten auf einem historischen Tiefstand, Menschen klagen über Orientierungslosigkeit, spirituelle Leere und rasende Hektik. Seit Jahrzehnten gelingt es unserer Kultur nicht, diese Probleme zu lösen. Vielleicht aber, so die Behauptung des Vortrags, liegt die tiefere Problematik unserer Zeit darin, dass wir alle Lebensbereiche durch eine falsche Ideologie zu steuern versuchen: Wir betrachten die Welt, die biologischen und die ökologischen Zusammenhänge als Optimierungsgeschehen, als Wettkampf seelenloser Automaten und Nutzenoptimierer. Erst eine Abkehr von dieser Hintergrundmetaphysik der toten Materie und die Rückkehr zu einer Politik des Lebens wird uns den Weg aus der vieldimensionalen Krise weisen und uns eine neue Humanität ermöglichen. Erste Ökonomen haben begonnen, ihre Wissenschaft umzuschreiben und grüne Bilanzen in Staats- und Firmenhaushalte einzuführen. Die wahre Wirtschaft ist für sie der Zusammenhalt der Biosphäre, nicht länger ein von den natürlichen Grundlagen menschlicher Existenz abgekoppelter Markt. Sie zeigen: Natur und seelisches Wohlergehen sind keine Gegensätze – im Gegenteil: Nur in ihrer Gemeinsamkeit können wir wieder zu uns kommen.