Di, 24. November 2015, 18:00 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c

Professor Dr. Fernando Enns, Hamburg und Professor Dr. Hans-Richard Reuter, Münster

"Du sollst nicht töten (lassen)"!? - und Responibility to protect.
Welche Friedensverantwortung hat die Kirche heute?

Die Welt ist in den letzten Jahren unsicherer geworden. Der Ukraine-Konflikt schwelt weiter. An ein Ende des Syrienkrieges ist nicht zu denken. Libyen wie einige andere afrikanische Staaten drohen in Bürgerkriegen zu verbluten. Boko Haram überzieht seit Jahren Nigeria und die Nachbarstaaten mit Terror. Der sogenannte Islamische Staat, mit seinen terroristischen Methoden, hat sich verfestigt. Wo der IS auftaucht sorgt er für Terror, Tod und Vertreibung. Schiiten, Christen, Jessiden, etc. wurden und werden verfolgt und getötet.
Darf die Kirche dazu schweigen? Sicher können wir noch an den kriegerischen Konflikt um die nordsyrische Grenzstadt Kobane erinnern, die der Islamische Staat bedrohte und an die Diskussion um Waffenlieferungen an die kurdischen Milizen. Dürfen wir als Kirche Waffenlieferungen befürworten. Die Antworten sind nicht leicht. Hans-Richard Reuter vertritt eine friedensethische Position, die in der EKD-Denkschrift von 2007: "Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen" grundgelegt ist. Danach geht es heute nicht mehr um die Lehre vom gerechten Krieg, sondern eher darum, für den gerechten Frieden zu sorgen. Dafür können Gewaltanwendung und auch Kriege aus kirchlicher Sicht zulässig sein. Allerdings bleiben wie beim "gerechten Krieg" moralische Prüfkriterien wie Legitimation, die richtige Absicht, die Begrenzung der Gewalt, etc. in Anwendung. Darüber hinaus soll die Gewaltanwendung ultima ratio bleiben, d.h. das äußerste Mittel, wenn alle anderen Mittel gescheitert sind. "Bei schwersten, menschliches Leben und gemeinsam anerkanntes Recht bedrohenden Übergriffen eines Gewalttäters kann die Anwendung von Gegengewalt erlaubt sein, denn der Schutz des Lebens und die Stärke des gemeinsamen Rechts darf gegenüber dem "Recht des Stärkeren" nicht wehrlos bleiben." (aus der EKD-Denkschrift: Aus Gottes Frieden leben - für gerechten Frieden sorgen).
Ganz anders argumentiert Prof. Fernando Enns. Ausgehend von der 5. und 6. Antithese fordert der Mennonit Enns die Überwindung des Bösen durch das Gute. Das klingt auf den ersten Blick weltfremd. Aber Enns fokussiert die Frage der Gewaltanwendung auf die Frage der Verantwortung: für den Mitmenschen. Ja, ich will meines Bruders, meiner Schwester Hüter sein! Er will unter allen Umständen nach gewaltfreien Alternativen suchen, die tatsächlich zur Versöhnung führen können. Er fordert dazu auf, die Gewaltzirkel zu durchbrechen, weil er nicht will, dass die Gewalt das letzte Wort hat. Allerdings: - das räumt Prof. Enns ein - ist dieses keine ganz leichte Aufgabe! Wie es trotzdem gelingen kann, dazu wird uns Prof. Enns sicher einiges referieren können. Dass der Weg nicht einfach ist, wird auch Prof. Reuter konstatieren müssen und für seine friedensethische Lösung werben.
Wir dürfen uns auf eine lebhafte und intensive friedensethische Diskussion freuen.
 
Musik-Improvisationen: Tobias Bülow, Witten.
Professor Dr. Fernando Enns, ist Mennonit und ist seit 2006 Leiter der Arbeitsstelle "Theologie der Friedenskirchen" am Fachbereich Ev. Theologie der Universität Hamburg und Professor für (Friedens-) Theologie und Ethik an der Theologischen Fakultät der Vrije Universiteit Amsterdam (VU).
Enns ist Mitglied der Mennonitengemeinde zu Hamburg und Altona und stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland (AMG). Seit 1998 ist er Mitglied im Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). 2007 erhielt Fernando Enns den Predigtpreis des Verlages für die Deutsche Wirtschaft.
 
Dr. Hans-Richard Reuter, ist Professor für Theologische Ethik an der Universität Münster und Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften; darüber u.a. Mitglied der Kammer für öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Wissenschaftlichen Beiräte des Instituts für Theologie und Frieden in Hamburg und der Stiftung Bonhoeffer-Lehrstuhl im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft e.V. Essen.
 
Tobias Bülow ist Künstler, Designer und Musiker. In seinen Improvisationen auf der indischen Traversflöte Bansuri und dem Cello interpretiert er das Thema auf einfühlsame Weise und lässt kontemplative Klangbilder entstehen.
Kosten0,- €
Termine24.11.2015 18:00 - 21:30 Uhr (-)
Gemeinsame friedensethische Tagung in Kooperation mit der Solidarischen Kirche Westfalen/Lippe.

Es existieren Dateien zu dieser Veranstaltung in der Mediathek.