Di, 21. April 2015, 19:30 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c

Professor Dr. Peter Hennicke, Wuppertal

Die Energiewende als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Außer der Vereinigung beider deutscher Staaten nach dem Fall der Mauer gibt es in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands kein gesellschaftliches Zukunftsprojekt mit vergleichbarer Dimension wie die Energiewende. Sie bedeutet weit mehr als die zurzeit in der Politik dominierend diskutierte "Stromwende". Sie ist ein Generationenvertrag, der seinen Namen verdient: Die heutige Generation gestaltet und finanziert einen ökologischen Umbau des gesamten Energiesystems, um Kinder, Enkel sowie den globalen Süden vor fundamentalen Belastungen, etwa den enormen Kosten eines fossil-nuklearen Energiesystems, den Risiken des nuklearen Brennstoffzyklus, den Folgen des Klimawandels sowie vor möglichen Ressourcenkriegen zu schützen.
Der Vision einer prosperierenden Gesellschaft "Ohne Öl und Uran", die das Öko-Institut bereits im Jahr 1980 mit dem Konzept der Energiewende entworfen hat, ist Deutschland inzwischen nach anfänglichen Kontroversen ein erhebliches Stück näher gekommen. Aber die Herausforderungen für dieses "Gemeinschaftswerk" (Ethikkommission) bleiben für mindestens zwei Jahrzehnte gewaltig: Die gerechte Verteilung der zunächst steigenden Energie- und Sanierungskosten, die verstärkte Dezentralisierung und Diversifizierung des Stromangebots (die radikale Unternehmensteilung von E.on im Dezember 2014 war erst der Anfang!). Dazu kommt die Uneinigkeit über die Rolle des Staates in Richtung ökologischer Industrie- und Dienstleistungspolitik.
Nur durch Druck und aktive Einbindung der Zivilgesellschaft, durch Bürgerbeteiligung und -finanzierung (Energiegenossenschaften), durch mehr Transparenz und Demokratisierung der Entscheidungsprozesse, durch mehr Engagement von regionalen Energieanbietern (Stadtwerken), durch Unternehmensnetzwerke zum Energiesparen von KMU‘s und durch die Vielfalt von regionalen Energieagenturen wird eine nationale ökologische Industriepolitik und die Energiewende gegenüber widerstrebenden Interessen auf Kurs gehalten und die hohe Zustimmung für die Energiewende langfristig gesichert werden können. Ehrliche Politik muss verdeutlichen, dass der Weg zur Energiewende noch lang und steinig ist. Dabei weisen gesamtwirtschaftliche Studien übereinstimmend auf die Zukunftschancen einer erfolgreiche Energiewende durch neue Geschäftsfelder und einen enormen Schub an qualifizierten Arbeitsplätzen der Zukunft hin.
Zur Wahrnehmung der Prozesssteuerung und -verantwortung beim überaus komplexen Strukturwandel auf der Nachfrageseite des Energiemarkts schlägt das Wuppertal Institut die Einrichtung einer "Bundesagentur für Energieeffizienz und Energiesparfonds (BAEff)" vor, die als nationaler und von Angebotsinteressen unabhängiger "Kümmerer" die Markttransformation zur rationelleren Energienutzung konzipiert, koordiniert und durch marktorientierte Anreize in Abstimmung mit vorhandenen Institutionen vorantreibt.
Professor em. Dr. Peter Hennicke war bis 2008 Präsident des 1991 gegründeten Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie GmbH in der Nachfolge von Professor Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, dort ist er im Themenbereich "Ressourceneffizienz" weiterhin tätig. Zurzeit entwickelt er Verständigungsprozesse zum Austieg aus der Atomenergie in Japan.
Er war Mitglied mehrerer Enquête-Kommissionen des Deutschen Bundestages, u.a. "Schutz der Erdatmosphäre" und "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung".
Im September 2014 erhielt er den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für sein "erfolgreiches jahrzehntelanges außergewöhnliches Engagement und seine wissenschaftliche Kompetenz für den ökologischen Umbau des Energiesystems, das Einsparen von Energie und die ökonomische Machbarkeit einer Vollversorgung aus erneuerbaren Quellen" (Laudatio),
Kosten4,- €, erm. 2.00 €
Termine21.04.2015 19:30 - 21:30 Uhr

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