Evangelische Stadtakademie Bochum

 

Sir Robert Hart im Vorwort des Buches von A. H. Smith, Chinesische Charakterzüge

 

Beide Sinnsprüche verweisen darauf, dass die in Asien selbstverständlich wahrgenommenen Normen und Werte für Europäer nicht einfach geltend gemacht werden können und auch nur schwer übertragbar sind. Semantisch entschlüsselt verweisen sie auf eine schwer überbrückbare Gegensätzlichkeit zwischen der an "Kampf und Konflikt" orientierten europäischen Mentalität und der an "Anpassung und Harmonie" orientierten asiatischen: Die eigene Persönlichkeit für etwas aufzugeben ist unvorstellbar für den aufgeklärten Europäer, der seit der Aufklärung ein spezifisches Verständnis der "Menschenwürde" als ein unantastbares Grundrecht aller Menschen hat. Für die Asiaten dagegen, die in der konfuzianisch geprägten Gesellschaft sozialisiert und somit am Vorrecht sozialer Beziehung vor individueller Persönlichkeit orientiert sind, ist es nicht ungewöhnlich, die eigene Persönlichkeit für die Rettung der Situation und der Gemeinschaft "geschmeidig" zurückzustellen. In dieser Hinsicht ist das Denken und Handeln der Asiaten für den "rationalen" Europäer verwirrend, da scheinbar inkompatible Widersprüche und Paradoxien miteinander in Einklang gebracht werden können.

Der Vortrag geht davon aus, dass die grundlegenden Differenzen zwischen europäischer und asiatischer Kultur trotz der forcierenden Globalisierung weiter bestehen. "Interkulturelle Kompetenz" wird als "Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts" weiterhin eine hohe Bedeutung haben.

Dr. Hyun-Suk Kim-Heinrich ist Diplom-Soziologin, Internationales Studium der Soziologie, Promotion an der Univesität Bilefeld, Kultur- und Gesellschaftsvergleich Asien und Europa, wissenschaftliche Beratung für Ostasienforschung.