Di, 20. Mai 2014, 19:30 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c, 44787 Bochum

Professor Dr. Fritz Rüdiger Volz, Bochum

Judas oder Maria Magdalena? Gute oder schlechte Ökonomie - und antijüdische Stereotype in (franziskanischen) Predigten des Spätmittelalters über Reichtum und Geld

Wer ist dieser Judas, der Christus, "das Wertvollste auf dieser Welt" für einen lächerlichen Betrag von 30 Silberlingen "verkauft"? Er ist einfach unfähig zu angemessenen Werturteilen, gerade zu ökonomischen. Er hat keine Vorstellung von einem gerechten Preis und ist darum als Händler ein inkompetenter Marktteilnehmer, ein "Iudas mercator pessimus". Letzlich ist er ein "Wucherer", der nur an sich denkt. Judas wird zum antijüdischen Stereotyp: Der Reiche Händler, der arme Hausierer, der "umherirrende" Bettler.
Wie anders wird das Bild der Maria Magdalena gezeichnet: Den törichten Menschen in ihrer Umgebung erschien sie als "Verschwenderin", die teures Öl vergießt, für dessen Preis man viel Gutes und Nützliches hätte finanzieren können. Gerade darin aber zeigt sie sich in den Bilderwelten der Predigten - gerade auch der Franziskaner - in Kirchen und auf Märkten als diejenige, die in gesteigerter Weise - und guter Ökonomie - zu wirklicher "Wert-Schätzung" fähig ist.
"Wucher" und "Geiz" bzw. Gemeinwohlorientierung werden in den Predigten - an der Schnittstelle der Ökonomie des Nutzens und der des Heils - zu weit mehr als nur ökonomischen Kategorien des modernen Wirtschaftlebens. Sie sind soziale Inklusions- und Exklusionskategorien. Es geht letztlich darum, anerkannt zu sein als Glied des Corpus christianum und von daher würdig zu sein, als gläubiger Christ Kredite zu gewähren oder zu nehmen. Oder aber hingegen fremd und unwürdig: ausgeschlossen, reicher oder armer Nichtsnutz, ein Irrer und Irrender, Kranker und Häretiker.
Professor Dr. phil. Fritz Rüdiger Volz lehrte von 1982 bis 2011 an der Ev. Fachhochschule in Bochum Soziologie und Sozialphilosophie. Arbeitsschwerpunkte: Ethik Helfender Berufe (im internationalen Vergleich); Soziale Arbeit als Her - meneutik der Lebensführung und als Vermögensbildung; "Der Geist der Gabe und die Praxis des Helfens", Sozial- u. Kulturgeschichte der Wohltätigkeit und Wohlfahrt.
Mitglied im Advisory Board von "Ethics & Social Welfare".
Kosten
Der Eintritt ist frei.
Termine20.05.2014 19:30 - 21:30 Uhr

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