So, 14. April 2013, 16:00 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c

Professor Dr. Fritz Rüdiger Volz, Bochum

Der Reichtum der Armut. "Monti di Pietà" - der soziale Nutzen des Geldes in der franziskanischen Ethik

Wenige Jahre vor der Reformation, 50 Jahre vor der Einrichtung des ersten "Gemeinen Kastens" als Institution lutherisch inspirierter Armenfürsorge, breitete sich in Mittelitalien mit großer Geschwindigkeit und mit breiter sozialer Unterstützung ein völlig neuer Typus von Pfandleihanstalten heraus. Diese "Monti di Pietà" vergaben - gegen Hinterlegung bescheidener Werte und zu niedrigen Zinsen - Mikrokredite an Bedürftige. Sie waren inspiriert und etabliert von franziskanischen Bettelmönchen und Predigern. Dies erschien bereits den Zeitgenossen als Paradox - vielen geradezu als Häresie. Heute freilich verstehen sich die italienischen Sparkassen durchaus in dieser Tradition. Mit guten Gründen und im Horizont der Economia Civile beansprucht die 1990 gegründete "Banca Popolare Etica", eine Partner-Einrichtung der GLS Bank, dies innovative und normative Erbe eines "wahrhaften" Social Banking.
Durch ihr Armutsgelübde in radikaler Distanz zu allem Marktgeschehen und Geldgebrauch und doch zugleich als Seelsorger und Beichtväter von Kaufleuten und Händlern diesen neuen wirtschaftlichen Dynamiken ganz nah, befähigte diese Spannung die franziskanischen Brüder, ihre Armut als Vermögen einzusetzen. Sie vermochten, die Wirklichkeiten des Marktes und des Geldes neu zu denken und anders zu bewerten. Sie unterschieden folgenreich zwischen Eigentum, Besitz und Gebrauch von Gütern und Geld. Dies erlaubte ihnen ein neues Verständnis des Geldverleihs im Zeitalter des Wucherverbotes. Dies ermöglichte dann auch die Gründung der "Monti di Pietà". Die Erhaltung und Steigerung des Gemeinen Nutzens einer Gemeinschaft erforderte kontinuierlich den Einsatz von Geld und Kapital. Nur in ihrer fortgesetzten und erneuerten Investition und Zirkulation gewinnen und bewahren Geld, Kredit und Zins ihren sozialen Nutzen, und dieser allein ist sozial (ethisch) gerechtfertigt.
 
Italienische Musik aus dem 15. und 16. Jhdt: Christiane Voth, Dipl.Musikpädagogin, Harfenistin, Essen
Professor Dr. phil. Fritz Rüdiger Volz lehrte von 1982 bis 2011 an der Ev. Fachhochschule in Bochum Soziologie und Sozialphilosophie. Arbeitsschwerpunkte: Ethik Helfender Berufe (im internationalen Vergleich); Soziale Arbeit als Hermeneutik der Lebensführung und als Vermögensbildung; "Der Geist der Gabe und die Praxis des Helfens", Sozial- u. Kulturgeschichte der Wohltätigkeit und Wohlfahrt. Mitglied im Advisory Board von "Ethics & Social Welfare".
 
Musik: Christiane Voth, Harfenistin, Essen, http://www.christiane-voth.de
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Kosten6,- €
inkl. kleiner italienischer Imbiss
Termine14.04.2013 16:00 - 18:00 Uhr

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