Di, 30. April 2013, 19:30 Uhr

Evangelische Stadtakademie Bochum, Westring 26 c

Professor Dr. Christoph Butterwegge, Köln

Armut im Alter
Probleme und Perespektivender sozialen Sicherung

Während die Armut von Kindern seit längerer Zeit viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit findet, wird die Millionen älteren Menschen drohende Armut noch immer weitgehend ignoriert. Aufgrund der starken Zunahme lückenhafter Erwerbsverläufe (Massenarbeitslosigkeit), der Ausdehnung des Niedriglohnsektors mit entsprechend sinkenden Beiträgen der Beschäftigten, längerer Zeiten "abhängiger Selbstständigkeit" und zahlreicher Kürzungen im Sozialbereich dürfte sich die demografische Struktur der Armutspopulation aber bald viel stärker in Richtung von Seniorinnen und Senioren verschieben.
Rentnerinnen und Rentner gehören zu den Hauptbetroffenen der "Reformen", die das System der sozialen Sicherung zuletzt unterhöhlt haben. Um die Jahrtausendwende wurde mit Einführung der sog. Riesterrente das für einen Sozialstaat grundlegende Prinzip der Lebensstandardsicherung in der Rentenversicherung aufgegeben, noch bevor dies bei der "Hartz IV" genannten Arbeitsmarktreform im Hinblick auf die Langzeitarbeitslosen geschah. In denselben Zusammenhang gehören die die Einführung des sog. Riester-, des "Nachhaltigkeits-" und des "Nachholfaktors" zwecks Senkung des Rentenniveaus; die wiederholte Verringerung und schließliche Streichung der Beiträge zur Rentenversicherung, welche die Bundesanstalt bzw. -agentur für Arbeit früher im Falle des Grundsicherungsbezugs entrichtet hat; die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre und dadurch künftig vermehrt zu erwartende höhere Abschläge bei den Altersrenten.
Altersarmut nimmt zwar andere Formen als in der Nachkriegszeit an, weil die gleichzeitige Existenz massenhaften Wohlstandes und riesigen Reichtums heute als Kehrseite eines Prozesses der sozialen Polarisierung gelten kann, ist aber nicht weniger demoralisierend für die davon Betroffenen, denen ihre Würde genommen und ein gerechter Lohn für ihre Lebensleistung vorenthalten wird. Um die Armut von "Bestandsrentnern" zu vermindern und das Entstehen weiterer Alterarmut zu verhindern, wird ein ganzes Maßnahmenbündel diskutiert: die Rücknahme aller Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel; die Erhöhung der Grundsicherung im Alter; die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns, der längerfristig zu höheren Altersrenten führen würde; die Wiedereinführung der Rente nach Mindesteinkommen, um die sog. Entgeltpunkte der Geringverdiener anzuheben; die Abführung von Beiträgen zur Gesetzlichen Rentenversicherung für Hartz-IV-Bezieher/innen durch die Bundesagentur für Arbeit; schließlich die Einführung einer solidarischen Bürger- bzw. Erwerbstätigenversicherung. Mittlerweile spricht man zwar mehr über die wachsende Altersarmut, nimmt sie aber ebenso wenig als gesellschaftliches Kardinalproblem wahr und ernst wie in der Vergangenheit. Armut wird deshalb hierzulande auch nicht konsequent bekämpft, sondern immer noch verharmlost und "ideologisch entsorgt".
Wie das in Politik, Massenmedien und Wissenschaft geschieht, zeigt der Referent an Beispielen. Was getan werden müsste, damit sich die Kluft zwischen Arm und Reich schließt, macht der Referent abschließend deutlich.
Professor Dr. Christoph Butterwegge, geb. 1951, lehrt Politikwissenschaft an der Universität zu Köln. Seine letzten Buchveröffentlichungen zum Thema: "Armut im Alter. Probleme und Perspektiven der sozialen Sicherung" (Frankfurt am Main/New York 2012); "Armut in einem reichen Land. Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird" (3. Aufl. Frankfurt am Main/New York 2012) sowie "Krise und Zukunft des Sozialstaates" (4. Aufl. Wiesbaden 2012)
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Kosten4,- €, erm. 2.00 €
Termine30.04.2013 19:30 - 21:30 Uhr

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